BGH, 06.03.2007, VI ZR 120/06: Zum Restwert bei Weiternutzung des Fahrzeugs im Totalschadensfall
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in einer Entscheidung vom 06.03.2007 mit der Frage zu befassen, wie der Restwert bei Weiternutzung des unfallbeschädigten, aber verkehrssicheren und fahrtauglichen Fahrzeugs durch den Geschädigten zu bestimmen ist.
Im entschiedenen Fall ging es um einen Verkehrsunfall vom 26.03.2005. Die volle Haftung des Unfallgegners stand außer Streit.
Die Parteien stritten im Rechtsstreit nur noch um die Höhe des Restwerts.
Der Sachverständige bestimmte den Restwert mit € 500,00 brutto.
(Symbolbild)
Die gegnerische Haftpflichtversicherung unterbreitete dem Geschädigten zwei Restwertangebote über € 550,00 brutto und € 1.300,00 brutto.
Der BGH wies zunächst darauf hin, dass der Geschädigte in einem Fall, in dem die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30% überstiegen, sich den Restwert anrechnen lassen müsse. Denn der Geschädigte habe in einem solchen Fall kein rechtlich schützenswertes Integritätsinteresse an dem verunfallten Fahrzeug:
"Zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Geschädigte im Totalschadensfall, wenn - wie hier - die Reparaturkosten des Fahrzeugs den Wiederbeschaffungswert um mehr als 30% übersteigen, nur Ersatz der für die Beschaffung eines gleichwertigen Fahrzeugs erforderlichen Kosten, also den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts, verlangen kann. ... Will der Geschädigte in einem solchen Fall sein Fahrzeug weiter nutzen, muss er sich den Restwert seines Fahrzeuges anrechnen lassen, auch wenn er diesen nicht realisiert, da ihm ein Integritätsinteresse hinsichtlich des beschädigten Fahrzeugs nicht zugebilligt werden kann. ..." (Rdnr. 6)
Allerdings dürfe der Unfallgegner den Geschädigten auch in einem solchen Schadensfall nicht dadurch zur Veräußerung zwingen, dass ein Restwert zum Ansatz kommt, der die vom Sachverständigen für den allgemeinen regionalen Markt ermittelten Werte übersteigt:
"Nutzt der Geschädigte sein Fahrzeug nach dem Unfall weiter, obwohl es wegen der hohen Kosten nicht mehr reparaturwürdig ist, gilt für die Abrechnung des Schadens auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens nichts anderes. Auch in einem solchen Fall kann er den Restwert, der vom Sachverständigen nach den örtlichen Gegebenheiten ermittelt worden ist, der Schadensabrechnung zugrunde legen. Er muss sich nicht an einem Angebot eines Restwerthändlers außerhalb des ihm zugänglichen allgemeinen regionalen Markts festhalten lassen, das vom Versicherer über das Internet recherchiert worden ist. Zu Recht weist die Revision darauf hin, dass andernfalls der vollständige Schadensausgleich nicht gewährleistet würde. Der Versicherer des Schädigers könnte mit einem entsprechend hohen Angebot den Verkauf des Fahrzeugs erzwingen. Bei Weiternutzung und späterem Verkauf in eigener Regie liefe der Geschädigte jedenfalls Gefahr, wegen eines wesentlich niedrigeren Verkaufpreises für den Kauf des Ersatzfahrzeugs eigene Mittel aufwenden zu müssen. Dies entspricht nicht dem gesetzlichen Bild des Schadensersatzes, nach dem der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens ist und grundsätzlich selbst bestimmen darf, wie er mit der beschädigten Sache verfährt (vgl. Senatsurteile BGHZ 66, 239, 246; 143, 189, 194 f.; 163, 362, 367). Der Streitfall ist nicht vergleichbar mit den Fällen, in denen das Fahrzeug durch den Geschädigten tatsächlich verkauft wird. Der erzielte Restwert steht dann bei der Schadensabrechnung fest und es liegt auf der Hand, in welcher Höhe der Schaden durch den erzielten Verkaufspreis ausgeglichen ist." (Rdnr. 10)
(Quelle: BGH, Urteil v. 06.03.2007, VI ZR 120/06)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))