BGH, 29.04.2008 - VI ZR 220/07: Fiktive Abrechnung - Restwertanrechung oder Weiternutzung?
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte mit Urteil vom 29.04.2008 darüber zu befinden, wie lange ein Unfallgeschädigter im Falle fiktiver Abrechnung (Abrechnung auf Gutachtenbasis) sein Unfallfahrzeug weiternutzen muss, um einem Abzug des Restwerts zu entgehen.
Im entschiedenen Fall war das Kraftfahrzeug bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden: Laut Gutachten betrugen die geschätzten Reparaturkosten € 1.916,70 netto. Der Geschädigte ließ das Fahrzeug billiger reparieren und veräußerte es nach 22 Tagen.
Die gegnerische Haftpflichtversicherung regulierte auf Basis des Wiederbeschaffungswertes in Höhe von € 3.800,00 unter Abzug des Restwerts in Höhe von € 2.500,00, d.h. sie zahlte an den Geschädigte € 1.300,00.
(Symbolbild)
Mit seiner Klage begehrte der Geschädigte u.a. die Differenz der geschätzten Reparaturkosten abzüglich der gezahlten € 1.300,00, d.h. mithin € 616,70.
Zu Unrecht wie der BGH entschied:
Da der Geschädigte nicht die tatsächlich angefallenen Reparaturkosten ansetzte, sondern nach Gutachten abrechnete, liegt ein Fall der fiktiven Abrechnung vor. In einem solchen Fall verlangt der BGH für ein Absehen des Restwertabzugs regelmäßig eine Weiternutzung des Fahrzeugs für sechs Monate und - falls zur Wiederherstellung der Verkehrssicherheit erforderlich - eine entsprechende (Teil-)Reparatur:
"Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats kann der Geschädigte die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswerts in der Regel jedoch nur abrechnen, wenn er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiternutzt und zu diesem Zweck - falls erforderlich - verkehrssicher (teil-)reparieren lässt (BGHZ 154, 395 ff.; 168, 43 ff.)." (Rdnr. 9)
(Quelle: BGH, Urteil v. 29.04.2008, VI ZR 220/07)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))