BGH, 13.04.2010: Fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses darf nicht zu lange aufgeschoben werden
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in einem Hinweisbeschluss vom 13.04.2010 unter anderem mit der Frage zu befassen, in welchem Zeitraum der Kündigungsberechtigte eine fristlose außerordentliche Kündigung aussprechen muss, ohne sein Kündigungsrecht durch zwischenzeitlichen Zeitablauf zu gefährden.
Hintergrund des Beschlusses bildete die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses wegen Gesundheitsgefährdung.
(Symbolbild)
So heisst es in § 569 Abs. 1 BGB:
"(1) Ein wichtiger Grund im Sinne des § 543 Abs. 1 liegt für den Mieter auch vor, wenn der gemietete Wohnraum so beschaffen ist, dass seine Benutzung mit einer erheblichen Gefährdung der Gesundheit verbunden ist. Dies gilt auch, wenn der Mieter die Gefahr bringende Beschaffenheit bei Vertragsschluss gekannt oder darauf verzichtet hat, die ihm wegen dieser Beschaffenheit zustehenden Rechte geltend zu machen.
(2) ..."
Wartet der Mieter (nach vorangegangener Abmahung) mit dem Ausspruch einer derartigen Kündigung zu lange, so läuft er Gefahr, die Kündigungsbefugnis zu verlieren:
"Der Ausspruch einer fristlosen außerordentlichen Kündigung nach § 569 Abs. 1 Satz 1 BGB ist zwar an sich an keine Frist gebunden. Gleichwohl ist in der höchstrichterlichen Rechtsprechung seit langem anerkannt, dass eine längere Verzögerung der Kündigungserklärung nicht ohne Rechtsfolgen bleibt. Bei den Kündigungstatbeständen, die an eine Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Mietverhältnisses anknüpfen (vgl. § 543 Abs. 1 BGB), hat der Senat bei einer überlangen Hinauszögerung der Kündigung den Schluss für gerechtfertigt erachtet, die Vertragsfortsetzung sei für den Kündigenden nicht unzumutbar (...). Für die vom Gesetzgeber normierten typisierten Fälle der Unzumutbarkeit (§ 543 Abs. 2 BGB) hat der Bundesgerichtshof ausgesprochen, dass das Recht zur außerordentlichen fristlosen Kündigung aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls treuwidrig oder verwirkt sein kann." (Rdnr. 5)
Die genaue rechtliche Grundlage ließ der BGH offen:
"Ob und in welchen Fällen daneben die in § 314 Abs. 3 BGB für eine Kündigung von Dauerschuldverhältnissen vorgesehene zeitliche Schranke auch im Wohnraummietrecht gilt, hat der Senat bislang offen gelassen (...). Der XII. Zivilsenat hat dagegen im Bereich der Gewerberaummiete eine auf § 543 Abs. 1 BGB gestützte Kündigung an § 314 Abs. 3 BGB gemessen (...). Vorliegend bedarf die Frage der Anwendbarkeit des § 314 Abs. 3 BGB keiner Klärung." (Rdnr. 5)
Im konkreten Fall lag die ursprüngliche Fristsetzung der Mieterseite an die Vermieterseite zur Mängelbeseitigung fast neun Monate zurück. Jedenfalls im entschiedenen Fall war dies dem BGH zu lange:
"Denn die Beurteilung des Berufungsgerichts ist unabhängig davon, ob man das Verhalten der Klägerin allein unter dem Gesichtspunkt des § 242 BGB bewertet oder daneben § 314 Abs. 3 BGB heranzieht, nicht zu beanstanden. Seine auf die besonderen Umstände des Streitfalls gestützte Einschätzung, die Klägerin habe selbst dann, wenn ein Mangel im Sinne des § 569 Abs. 1 BGB vorgelegen haben sollte, die am 20. November 2007 erklärte Kündigung nicht auf die nahezu neun Monate zuvor erfolgte Fristsetzung zur Mängelbeseitigung stützen können, sondern der Vermieterseite vor Ausspruch der Kündigung erneut eine Frist zur Behebung der aufgetretenen Feuchtigkeitsschäden setzen müssen, hält sich im Rahmen zulässiger tatrichterlicher Würdigung und lässt Rechtsfehler nicht erkennen. Insbesondere wäre der Klägerin durch das Erfordernis einer erneuten Fristsetzung nicht die Ausübung eines Kündigungsrechts nach § 569 Abs. 1 BGB unzumutbar erschwert worden." (Rdnr. 6)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))