BGH, 11.02.2014 - VI ZR 225/13: Zur Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten nach Verkehrsunfall
Der Bundesgerichtshof (BGH) musste sich in einer Entscheidung vom 11.02.2014 erneut mit der Frage der Erforderlichkeit von Sachverständigenkosten bei der Abwicklung eines Verkehrsunfalls befassen.
Hintergrund der Entscheidung bildetete ein Schadensfall vom Februar 2012. Hierbei war der Kläger durch einen Verkehrsunfall, für dessen Schäden die Beklagte vollumfänglich aufzukommen hatte, geschädigt worden.
Der Kläger holte ein Kfz-Schadensgutachten ein, wonach der erforderliche Reparaturaufwand ca. 1.050,00 € zuzüglich Mehrwertsteuer betrage. Der Sachverständige stellte für sein Gutachten einen Betrag in Höhe von 534,55 € in Rechnung, den die Beklagte in Höhe von 390,00 € regulierte.
Es verblieb somit ein offener Restbetrag in Höhe von 144,55 €.
(Symbolbild)
Der BGH wies zunächst auf seine allgemeinen Grundsätze zur Erstattungsfähigkeit angefallener Gutachterkosten bei der Regulierung eines Verkehrsunfalls hin:
"Mit Recht geht das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass der Kläger, einen Sachverständigen mit der Schätzung der Schadenshöhe an seinem durch den Unfall beschädigten PKW beauftragen durfte und von der Beklagten nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB als Herstellungsaufwand den Ersatz der objektiv erforderlichen Sachverständigenkosten verlangen kann (...). Als erforderlich sind nach der ständigen Rechtsprechung des Senats diejenigen Aufwendungen anzusehen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten machen würde. ... Auch bei der Beauftragung eines Kfz-Sachverständigen darf sich der Geschädigte damit begnügen, den ihm in seiner Lage ohne weiteres erreichbaren Sachverständigen zu beauftragen. Er muss nicht zuvor eine Marktforschung nach dem honorargünstigsten Sachverständigen betreiben." (Rdnr. 7)
Der Geschädigte genügt dabei zunächst seinen Darlegungspflichten für die Erforderlichkeit der Sachverständigenkosten dadurch, dass er die entsprechende Rechnung des Sachverständigen vorlegt:
"Der Geschädigte genügt seiner Darlegungslast zur Schadenshöhe regelmäßig durch Vorlage einer Rechnung des von ihm zur Schadensbeseitigung in Anspruch genommenen Sachverständigen. Die tatsächliche Rechnungshöhe bildet bei der Schadensschätzung nach § 287 ZPO ein wesentliches Indiz für die Bestimmung des zur Herstellung 'erforderlichen' Betrags im Sinne von§ 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, schlagen sich in ihr doch die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalles einschließlich der - vor dem Hintergrund der subjekt-bezogenen Schadensbetrachtung relevanten -beschränkten Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten regelmäßig nieder. ... Ein einfaches Bestreiten der Erforderlichkeit des ausgewiesenen Rechnungsbetrages zur Schadensbehebung reicht allerdings grundsätzlich nicht aus, um die geltend gemachte Schadenshöhe in Frage zu stellen. ..." (Rdnr. 8)
Damit kommt der vorgelegten Rechnung bei der Beurteilung der Erforderlichkeit des Sachverständigenkosten eine "besondere Bedeutung" zu, die vom Berufungsgericht verkannt worden sei:
"Es durfte nicht die dem Kläger vom Schadensgutachter in Rechnung gestellten Kosten allein auf der Grundlage einer Honorarumfrage eines Sachverständigenverbandes kürzen. Dabei hat das Berufungsgericht die besondere Bedeutung der vorgelegten Rechnung für den konkreten Einzelfall und die Lage des Geschädigten bei der Beauftragung eines Sachverständigen verkannt. Nur wenn der Geschädigte erkennen kann, dass der von ihm ausgewählte Sachverständige Honorarsätze für seine Tätigkeit verlangt, die die in der Branche üblichen Preise deutlich übersteigen, gebietet das schadensrechtliche Wirtschaftlichkeitsgebot, einen zur Verfügung stehenden günstigeren Sachverständigen zu beauftragen." (Rdnr. 9)
(Quelle: BGH, Urteil v. 11.02.2014, VI ZR 225/13)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))