KG Berlin, 17.12.2015 - 22 U 272/13: Schadensersatz wegen fehlender Aufklärung bei Verkauf einer ETW
Das Kammergericht (KG) Berlin hatte sich in seinem Urteil vom 17.12.2015 mit der Frage zu befassen, welche Folgen es hat, wenn der Verkäufer einer Eigentumswohnung die Käufer nicht darüber aufklärt, dass über die Zulässigkeit der Nutzung des mitverkauften und zu Wohnzwecken ausgebauten Dachgeschosses in der Wohnungseigentumsgemeinschaft diskutiert wurde.
Im entschiedenen Fall gehörte zur verkauften Eigentumswohnung ein Dachraum. Dieser war in der Teilungserklärung aus dem Jahre 1980 als solcher und im Aufteilungsplan als Bodenraum bezeichnet. Damit schied eine Nutzung als Wohnraum wohnungseigentumsrechtlich aus. Dass bauordnungsrechtlich 1983 die Wohnnutzung genehmigt war, ändert hieran nichts:
"Die Bezeichnung des Dachraums in der Teilungserklärung vom 21. Oktober 1980 (vgl. Anlage 4) und in dem Aufteilungsplan als Bodenraum stellt nicht nur eine Lagebezeichnung dar, sondern eine einschränkende Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter gemäß §§ 5 Abs. 4 Satz 1, 15 Abs. 1 WEG. Dies ergibt eine Auslegung der Teilungserklärung. Danach ist dem Inhaber des Sondernutzungsrechtes gerade kein Recht zum Ausbau oder zur Umgestaltung des Dachraums eingeräumt. Dann aber schließt die Bezeichnung als Bodenraum, die nach allgemeinem Verständnis gerade keine Wohnnutzung umfasst, eine solche schon wegen ihrer Intensität aus (vgl. dazu OLG Schleswig, Beschluss vom 17. Mai 2006, 2 W 198/05, Rdn. 12, FGPrax 2006, 207 zur Bezeichnung als Keller; Jennißen/Schultzky, WEG, 4. Aufl., § 15 Rdn. 47; so im Ergebnis auch AG Charlottenburg, Urteil vom 5. August 2014, 74 C 19/14, S. 10f. der UA). Dem steht nicht die von dem Beklagten eingeholte öffentlich-rechtliche Genehmigung vom 7. Juni 1983 zum Ausbau des Dachraums zu Wohnzwecken entgegen. Denn diese Genehmigung kann die Vereinbarung der Wohnungseigentümer nicht außer Kraft setzen." (Rdnr. 18)
(Symbolbild)
Über die - bereits vor dem Verkauf - in der Wohnungseigentümerversammlung geführten Diskussion über die Zulässigkeit der Wohnnutzung hätte der Verkäufer die Käufer auch aufklären müssen:
"Über die Diskussion über den Rückbau hätte der Beklagte die Kläger auch aufklären müssen. Denn die Frage der Nutzbarkeit des Dachraums zu Wohnzwecken ist ein wertbildender Faktor. Der Dachraum macht nahezu die Hälfte der gesamten Nutzfläche aus, so dass der Beklagte davon ausgehen konnte und musste, dass diese Information für die Kläger unabhängig von der Frage, ob durch die Gemeinschaft oder einzelne Miteigentümer Maßnahmen gegen die Wohnnutzung ergriffen worden sind, von Bedeutung sind. Hinzu tritt, dass durch den mit öffentlich-rechtlicher Genehmigung erfolgten Umbau und das erstellte Exposé gerade auch der Eindruck erweckt wurde, die Wohnnutzung sei unzweifelhaft zulässig." (Rdnr. 21)
Das KG billigte den Käufern daher einen Schadensersatzanspruch zu. Dieser betrug aufgrund der konkreten Wertverhältnisse im vorliegenden Fall € 250.000.
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))