BAG, 13.05.2015 - 10 AZR 191/14: Zum Mindestlohn (pädag. Personal) an Feiertagen und bei Krankheit
In einer Entscheidung vom 13.05.2015 hatte sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit Fragen des branchenspezifischen Mindestlohns zu befassen.
Es ging hierbei nicht um den allgemeinen Mindestlohn nach dem MiLoG (Mindestlohngesetz), welches zum 01.01.2015 in Deutschland eingeführt wurde.
Rechtlicher Hintergrund bildete vielmehr ein branchenspezifischer Mindestlohn.
Nach der im Streitfall einschlägigen
vom 17.07.2012 des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) fand auf das Arbeitsverhältnis der klagenden pädagogischen Mitarbeiterin (Arbeitnehmerin) nämlich der
Anwendung.
Gemäß § 3 Abs. 1 Tarifvertrag betrug der Mindestlohn in den alten Bundesländern brutto € 12,60 je Stunde.
Die beklagte Arbeitgeberin zahlte zwar für die tatsächlich geleisteten Stunden und für Zeiten des Urlaubs den vorbezeichneten Mindestlohn, nicht aber für durch Feiertage oder Arbeitsunfähigkeit ausgefallene Stunden. Ebenso berechnete sie die Urlaubsabgeltung nicht nach dem Mindestlohn.
Die - offenbar bei der Beklagten zuvor ausgeschiedene - Klägerin machte daher mit ihrer Klage restliche Entgeltfortzahlung für Arbeitsunfähigkeit und Feiertage sowie restliche Urlaubsabgeltung geltend.
(Symbolbild)
Die Klage hatte in allen Instanzen Erfolg.
Das BAG führte aus:
Im vorliegenden Falle enthalte der Tarifvertrag keine Bestimmungen zur Entgeltfortzahlung und zum Urlaubsentgelt. Daher sei auf allgemeine Prinzipien zurückzugreifen:
Für die Entgeltfortzahlung an Krankeits- und Feiertagen ist das "Entgeltausfallprinzip" anzuwenden:
"Die Höhe der Entgeltfortzahlungsansprüche ergibt sich für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit aus § 4 Abs. 1 EFZG und für Feiertage aus § 2 Abs. 1 EFZG. Das hiernach grundsätzlich maßgebliche Entgeltausfallprinzip verlangt, den Mindestlohn nach § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn als Geldfaktor in die Berechnung des Entgeltfortzahlungsanspruchs einzustellen (im Ergebnis ebenso zur PflegeArbbV vom 15. Juli 2010 BAG 19. November 2014 - 5 AZR 1101/12 - Rn. 15; vgl. auch zum MiLoG zuletzt zB Greiner/Strippelmann BB 2015, 949, 950 f.). Weder legt der TV Mindestlohn eine abweichende Bemessungsgrundlage iSv. § 4 Abs. 4 EFZG fest noch ist der Anwendungsbereich des Entgeltfortzahlungsgesetzes durch das Arbeitnehmer-Entsendegesetz oder unionsrechtliche Vorschriften eingeschränkt." (Rdnr. 22)
Für die Urlaubsabgeltung bilden die letzten 13 Wochen des Arbeitsverhältnisses den "Referenzzeitraum". In diesem war geleistete Arbeit mit dem Mindestlohn zu vergüten. Gleiches gelte dann auch für die Berechnung der Urlaubsabgeltung:
"Danach bemisst sich das Urlaubsentgelt nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, den der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Im Fall der Urlaubsabgeltung sind dies die letzten dreizehn Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der TV Mindestlohn trifft dazu keine abweichende Bestimmung iSv. § 13 Abs. 1 Satz 1 BUrlG. Weder durch das Arbeitnehmer-Entsendegesetz noch aufgrund unionsrechtlicher Vorschriften wird der Anwendungsbereich des Bundesurlaubsgesetzes eingeschränkt oder dessen Inhalt modifiziert. Dementsprechend ist der Berechnung der Urlaubsabgeltung die Mindeststundenvergütung von 12,60 Euro nach § 3 Nr. 1 TV Mindestlohn zugrunde zu legen, da diese die Höhe des Verdienstes im Referenzzeitraum bestimmt hat." (Rdnr. 31)
Die Entscheidung betraf zwar einen (einzelnen) branchenspezifischen Mindestlohn. Sie ist allerdings auch für den allgemeinen Mindestlohn nach dem MiLoG von Interesse:
Im MiLoG finden sich nämlich ebenfalls keine Sonderbestimmungen für die Höhe der Entgeltfortzahlung bei Krankheit und an Feiertagen sowie der Urlaubsabgeltung. Insoweit dürften die obigen Ausführungen des BAG auch dort zur Anwendung kommmen können.
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler)