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AutorenbildRechtsanwalt Michael Kügler

BVerfG, 23.03.2016 - 1 BvR 184/13: Zur persönlichen Anhörung vor Anordnung einer Betreuung

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) stellte in seinem Beschluss vom 23.03.2016 fest, dass die Anordnung der gesetzlichen Betreuung grundsätzlich die vorherige Anhörung der betroffenen Person voraussetzt.

Im entschiedenen Fall ging es um die Verlängerung einer bestehenden Betreuung nach einem Ortswechsel der betreuten Person.

Das (neue) Gericht verlängerte die Betreuung, ohne die betreute Person persönlich anzuhören.

Das BVerfG nahm dies - auf eintsprechende Verfassungsbeschwerde - zum Anlass, auf die besondere Bedeutung der persönlichen Anhörung im Zusammenhang mit der Anordnung einer Betreuung hinzuweisen.


Symbolbild älterer Mann

(Symbolbild)


Dabei legte es zunächst dar, welche erheblichen Auswirkungen die Anordnung einer Betreuung für die selbstbestimmte Lebensführung der betroffenen Person hat:

"Die Anordnung einer Betreuung beeinträchtigt dieses Recht, sich in eigenverantwortlicher Gestaltung des eigenen Schicksals frei zu entfalten, denn sie weist Dritten zumindest eine rechtliche und tatsächliche Mitverfügungsgewalt bei Entscheidungen im Leben der Betroffenen zu. Die Betreuerin oder der Betreuer entscheiden in den festgelegten Aufgabenkreisen für und anstelle der Betreuten, wobei es auch in höchstpersönlichen Angelegenheiten - wie hier im Bereich der Gesundheitssorge - zu Entscheidungen gegen den ausdrücklichen Willen der Betreuten kommen kann (zur Selbstbestimmung über medizinische Behandlungen BVerfGE 128, 282 <302 f.>). Die Betreuung kann sich damit nicht nur im Rechtsverkehr beschränkend auswirken, sondern betrifft die Selbstbestimmung der Person insgesamt (vgl. BVerfGK 14, 310 <315>; zur Entmündigung alten Rechts BVerfGE 84, 192 <195>). Auch eine stigmatisierende Wirkung im sozialen Umfeld der Betroffenen ist nicht auszuschließen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 2. Juli 2010 - 1 BvR 2579/08 -, NJW 2010, S. 3360 f.)." (Rdnr. 12)

Aus diesem Grunde ist es geboten, vor Anordnung der Betreuung die betroffene Person grundsätzlich persönlich anzuhören (Fettdruck nicht im Original):

"Angesichts der mit einer Betreuung möglicherweise verbundenen tiefen Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist eine persönliche Anhörung im Angesicht der Betreffenden grundsätzlich unverzichtbar. Entsprechend hat der Gesetzgeber - mit den Ausnahmen der § 278 Abs. 4, § 34 Abs. 2 FamFG - die persönliche Anhörung vor einer Entscheidung über die Betreuung oder nach § 302 Satz 2, § 300 Abs. 1 FamFG über die Verlängerung der Betreuung gemäß § 278 Abs. 1 FamFG als zwingend und nicht verzichtbar ausgestaltet. Die persönliche Anhörung darf nur im Eilfall bei Gefahr im Verzug vorläufig unterbleiben, ist dann aber nach § 301 Abs. 1 Satz 1 und 2 FamFG unverzüglich nachzuholen." (Rdnr 14)

(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))


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