BGH, 10.05.2016 - VI ZR 247/15: Tierarzthaftung - Umkehr der Beweislast bei grobem Behandlungsfehler
Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte sich in einem Urteil vom 10.05.2016 mit Fragen der tierärztlichen Haftung zu befassen.
Im entschiedenen Fall nahm die Klägerin einen Tierarzt im Zusammenhang mit der Behandlung eines Pferdes in Anspruch. Das Pferd hatte eine Verletzung am rechten hinteren Bein. Der behandelnde Tierarzt verschloss die Wunde, ohne weitere Untersuchungen vorzunehmen.
(Erst) später wurde eine Fraktur des Knochens entdeckt. Eine Operation scheiterte. Das Pferd musste getötet werden.
(Symbolbild)
Das Oberlandesgericht (OLG) bejahte einen groben Behandlungsfehler des Tierarztes in Form eines Befunderhebungsfehlers. Der Tierarzt hätte schon bei der Anfangsbehandlung weitere Untersuchungen vornehmen müssen, was er in grob fehlerhafter Weise verkannt habe.
Unter Anwendung der im Bereich der Humanmedizin entwickelten Beweislastregeln nahm das OLG an, dass der grobe Behandlungsfehler zu einer Umkehr der Beweislast hinsichtlich der Ursächlichkeit führte. Demnach musste nicht die Klägerin die Ursächlichkeit für den Tod des Tieres, sondern der Tierarzt die fehlende Ursächlichkeit trotz Vorliegens des groben Behandlungsfehlers beweisen, was diesem nicht gelang.
Der BGH bestätigte die Übertragung der Beweislastregel beim groben Behandlungsfehler, insbesondere im Falle des Befunderhebungsfehlers, aus der Humanmedizin auf den Bereich der Tiermedizin. In beiden Fällen seien Vorgänge bei einem lebenden Organismus betroffen.
(Quelle: BGH, Urteil v. 10.05.2016, VI ZR 247/15; Pressemitteilung Nr. 83/2016)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))