LAG Düsseldorf, 10.05.2016 - 14 Sa 82/16: Auch große Privathaushalte unterfallen nicht dem KSchG
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hatte sich in einem Urteil vom 10.05.2016 mit der Fragezu befassen, ob auch Arbeitnehmer von Privathaushalten - bei entsprechender Größe derselben - Kündigungsschutz nach § 1 KSchG geltend machen können.
§ 1 KSchG lautet:
"(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) ..."
§ 1 KSchG setzt also nach seinem Wortlaut die Beschäftigung
"in [einem] Betrieb oder Unternehmen"
voraus.
Im entschiedenen Fall war eine 58jährige Beschäftigte als Servicekraft in einem Privathaushalt mit ca. 15 Arbeitnehmern beschäftigt. Damit war der Schwellenwert des § 23 KSchG überschritten.
Nachdem die Arbeitnehmerin eine fristgerechte Kündigung erhalten hatte, erhob sie rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist Kündigungsschutzklage. Sie vertrat die Auffassung, dass auf ihr Beschäftigungsverhältnis das KSchG anwendbar sei und daher die Kündigung eines - nach ihrer Ansicht nicht gegebenen - Kündigungsgrundes bedurfte.
(Symbolbild)
Das LAG verneinte allerdings bereits die Anwendbarkeit des KSchG auf Arbeitsverhältnisse in Privathaushalten:
Zunächst liegt keine Beschäftigung in einem Unternehmen vor:
"Ein Unternehmen des Beklagten liegt nicht vor. Dieses setzt voraus, dass der Arbeitgeber in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt (vgl. § 14 Abs. 1 BGB). Dies ist bei einem Privathaushalt ersichtlich nicht der Fall." (Rdnr. 38)
Ebenso scheide aber auch eine Beschäftigung in einem Betrieb aus:
"Ein Privathaushalt stellt keinen Betrieb im Sinne des § 1 Abs. 1 KSchG dar. Das Kündigungsschutzgesetz enthält keine eigenständige Definition des Betriebes. Ausgangspunkt ist daher der in der Rechtsprechung und in der Rechtslehre entwickelte Betriebsbegriff, wonach unter einem Betrieb die organisatorische Einheit zu verstehen ist, innerhalb derer der Arbeitgeber allein oder mit seinen Arbeitnehmern mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt, die sich nicht in der Befriedigung des Eigenbedarfs erschöpfen (...)." (Rdnr. 42)
Schon begrifflich sei ein Privathaushalt nicht als Betrieb anzusehen:
"Der Wortlaut des § 1 Abs. 1 KSchG ergibt, dass hiermit Privathaushalte nicht erfasst werden sollten. Die Vorschrift verwendet den Begriff des Betriebes. Dieser erfasst schon nach dem allgemeinen Sprachgebrauch private Haushalte nicht (so auch Löwisch/Spinner KSchG, § 23 Rn. 9). Danach ist ein Betrieb eine Einheit von zusammenwirkenden Personen und Produktionsmitteln zum Vorbringen von Gütern und Leistungen (Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 8. Auflage 2006, Stichwort Betrieb). Einen solchen Zweck der Hervorbringung von Gütern oder Dienstleistungen hat der Familien- oder Privathaushalt nicht. Dessen Zweck erschöpft sich darin, die privaten Bedürfnisse seiner Mitglieder zu decken. Einen nach außen tretenden, über seine Aufrechterhaltung hinausgehenden Zweck verfolgt er hingegen nicht." (Rdnr. 45)
Auch Gesetzessystematik und die Entstehungsgeschichte der Norm sprechen gegen eine Erfassung von Privathaushalten.
Schließen zwängen auch verfassungsrechtliche Gesichtspunkte nicht zu einer abweichenden Auslegung.
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))