BAG, 09.08.2016 - 9 AZR 628/15: Urlaubsabgeltung auch bei unbefristeter Rente für Schwerbehinderten?
Das Bundesarbeitsgericht wies mit Urteil vom 09.08.2016 eine Revision der Arbeitgeberseite aus dem Recht der Urlaubsabgeltung als unzulässig zurück.
Im entschiedenen Fall wurde einem schwerbehinderten Arbeitnehmer (Kläger) mit Bescheid vom 03.07.2013 rückwirkend ab 01.05.2013 eine unbefristete Altersrente für schwerbehinderte Menschen zugesprochen. Der Kläger sprach eine Eigenkündigung seines Arbeitsverhältnisses zum 31.08.2013 aus.
Mit Schreiben vom 11.09.2013 verlangte der Klägerin von der beklagten Arbeitgeberin die Abgeltung seiner (noch offenen) Urlaubsansprüche in Höhe von € 4.025,61 brutto.
Rechtlichen Hintergrund bildet die Bestimmung des § 7 Abs. 4 BUrlG:
"(4) Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten."
(Symbolbild)
Die Beklagte war der Auffassung, dass dem Kläger keine Urlaubsabgeltung zustünde. Da er Altersrente für schwerbehinderte Menschen beziehe, könne er seine Arbeitskraft nie wieder anbieten.
Der Kläger war sowohl erst- wie zweitinstanzlich erfolgreich.
Das LAG ließ allerdings die Revision zum BAG zu.
Die Beklagte unterlag indes auch beim BAG.
Das BAG entschied zwar nicht in der Sache, sondern hielt die Revision der Beklagten bereits mangels ausreichender Auseindersetzung mit den Urteilsgründen des LAG für unzulässig. Gleichwohl lassen die Ausführungen des BAG - wohl - erkennen, dass der Beklagten selbst bei zulässiger Revision - wohl - eher kein Erfolg beschieden wäre:
"Gemessen daran ist die Revision der Beklagten nicht ausreichend begründet. Sie setzt sich nicht mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinander. Sie meint lediglich, dem Bundesarbeitsgericht werde die Frage vorgelegt, ob Urlaubsansprüche auch dann entstünden, wenn definitiv klargestellt sei, dass der Arbeitnehmer nie wieder seine Arbeitsleistung erbringen werde. Damit legt sie nicht dar, inwieweit die mehr als drei Seiten umfassende rechtliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts, für eine Einschränkung des Urlaubsanspruchs bei dem dauerhaften Bezug einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen fehle es an einer Rechtsgrundlage, da weder das BUrlG noch die Richtlinien der Europäischen Union vorsehen würden, dass ein Urlaubsanspruch bei dauerhaftem Rentenbezug nicht entstehe, fehlerhaft sein soll. Allein der Hinweis, das Bundesarbeitsgericht möge eine Rechtsfrage klären, stellt keinen Revisionsangriff dar." (Rdnr. 8)
(Quelle: BAG, Urteil v. 09.08.2016, 9 AZR 628/15)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))