LAG Frankfurt, 19.06.2017 - 10 Ta 172/17: Zum Arbeitszeugnis als Holschuld
Das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG Frankfurt) hatte sich in einem Beschluss vom 19.06.2017 unter anderem mit der Frage zu befassen, wie der Anspruch eines Arbeitnehmers auf Erteilung eines Zeugnisses vollstreckt wird.
In diesem Zusammenhang führte das LAG aus, dass es sich bei der Verpflichtung des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer ein Zeugnis zu erteilen, zwar grundsätzlich um eine Holschuld handelt. Der Arbeitnehmer muss also, vorbehaltlich besonderer Umstände und abweichender Vereinbarungen, etwa in einem gerichtlichen Vergleich, das Arbeitszeugnis beim Arbeitgeber abholen.
(Symbolbild)
Dem Arbeitnehmer können aber nicht zugemutet werden, gleichsam "auf gut Glück" beim Arbeitgeber zu erscheinen und das Zeugnis einzufordern. Vielmehr gelte, wenn der Arbeitnehmer bereits zuvor den Arbeitgeber schriftlich zur Zeugniserteilung aufgefordert habe, Folgendes:
"Erst nach Rechtshängigkeit des Zwangsgeldantrags hat er das geschuldete Zeugnis übersandt. Dieses hat der Gläubiger zuvor mehrfach schriftlich eingefordert. Hierauf hat der Schuldner nicht reagiert. In einem solchen Fall kann der Schuldner nicht darauf verweisen, dass es sich bei dem Zeugnis um eine Holschuld handelt. Der Gläubiger kann nicht gehalten sein, persönlich 'auf gut Glück' beim Schuldner vorstellig zu werden, ohne zu wissen, dass das Zeugnis bereits fertiggestellt ist. Dem Schuldner hingegen ist es ohne weiteres zuzumuten, den Gläubiger in Kenntnis zu setzen, sobald er das Zeugnis erstellt und zur Abholung bereitgelegt hat. Eine solche Obliegenheit des Arbeitgebers folgt aus der - ggf. auch nachwirkenden - Fürsorgepflicht im Arbeitsverhältnis."
(Quelle: LAG Frankfurt, Beschluss v. 19.06.2017, 10 Ta 172/17)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel))