BAG, 01.08.2017 - 9 AZB 45/17: Zum Rechtsweg bei der Klage auf Ausbildungskostenumlage im Baugewerbe
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich in einem Beschluss vom 01.08.2017 mit der Frage zu befassen, welcher Rechtsweg für die Klage der Urlaubs- und Lohnausgleichskasse der Bauwirtschaft in Fällen gegeben ist, in denen der auf Zahlung der jährlichen Ausbildungskostenumlage in Anspruch genommene "Betrieb" gar keine Arbeitnehmer beschäftigt.
Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin vom Beklagten, der - ohne Arbeitnehmer zu beschäftigen - einen Platten-, Fliesen- und Mosaikverlegebetrieb führte, für das Jahr 2015 eine anteilige Ausbildungskostenumlage von € 450,00 verlangt.
Die Klage wurde auf die Bestimmung des § 17 des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) vom 3. Mai 2013 gestützt. Sie wurde bei einem Arbeitsgericht erhoben.
(Symbolbild)
Da der Beklagte die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte rügte, war vorab über den Rechtsweg zu entscheiden.
Arbeitsgericht (ArbG) und Landesarbeitsgericht (LAG) bejahten die Zuständigkeit. Zwar beschäftige der Beklagte keine Arbeitnehmer, werde aber wie ein Arbeitgeber in Anspruch genommen.
Das BAG lehnte eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ab. Etwas anderes folge auch nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 6 ArbGG. Denn auch diese Bestimmung setze einen Arbeitgeber voraus:
"Für den Begriff des Arbeitgebers gibt es keine gesetzliche Definition. Er lässt sich mittelbar aber aus dem Begriff des Arbeitnehmers ableiten. Arbeitgeber ist danach derjenige, der mindestens einen Arbeitnehmer oder eine arbeitnehmerähnliche Person iSv. § 5 ArbGG beschäftigt (BAG 15. März 2011 - 10 AZB 49/10 - Rn. 7 mwN, BAGE 137, 215). Diese Voraussetzungen erfüllt der Beklagte nicht. Er beschäftigt keine Arbeitnehmer." (Beschluss, Rdnr. 12)
Im vorliegenden Fall würde der Beklagte auch gerade nicht als Arbeitgeber in Anspruch genommen:
"Aus diesen Gründen geht auch die vom Landesarbeitsgericht vorgenommene weite Auslegung des Arbeitgeberbegriffs nach dem ArbGG fehl. Es mag sein, dass es Ziel des ArbGG ist, alle bürgerlich-rechtlichen Streitigkeiten, die in einer greifbaren Beziehung zu einem Arbeitsverhältnis stehen, auch prozessual den Gerichten für Arbeitssachen zuzuweisen (vgl. BAG 25. November 2014 - 10 AZB 52/14 - Rn. 8). An einer solchen Beziehung fehlt es aber hier. Der Kläger stützt den geltend gemachten Klageanspruch ausdrücklich darauf, der Beklagte sei verpflichtet, den Beitrag zu leisten, obwohl er kein Arbeitgeber ist. Dass die Beiträge gemäß § 17 VTV den Zweck haben, für die tarifvertraglich festgelegten Leistungen im Berufsbildungsverfahren verwendet zu werden, reicht nicht aus. Die streitgegenständliche Beitragspflicht selbst hat keinerlei Beziehung oder Zusammenhang zu einem Arbeitsverhältnis." (Beschluss, Rdnr. 16)
Der Rechtsstreit wurde daher an das Amtsgericht verwiesen.
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Fuldabrück-Bergshausen (LK Kassel)