VGH München, 11.03.2020 - 11 ZB 20.84: Zur Verwertung eines früheren MPU-Gutachtens
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) in München hatte sich in einem Beschluss über einen Antrag auf Zulassung der Berufung vom 11.03.2020 mit der Frage zu befassen, wie lange ein aus einem früheren Verfahren auf Erteilung der Fahrerlaubnis stammendes (negatives) MPU-Gutachten beim einem späteren Wiedererteilungsantrag verwertet werden darf.
Im entschiedenen Fall hatte der Antragsteller, der jetzt die Erteilung einer Fahrerlaubnis der Klassen A und B (d.h. - grob gesagt - Krafträder und PKW) begehrte, zunächst am 05.04.2012 einen Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis gestellt. Aufgrund einer rechtskräftig geahndeten Trunkenheitsfahrt mit einem Fahrrad aus dem Jahr 2007 wurde er von der Fahrerlaubnisbehörde aufgefordert, ein medizinisch-psychologisches Fahreignungsgutachten (MPU-Gutachten) vorzulegen. Aus dem vom Antragsteller damals vorgelegten Gutachten vom 19.06.2012 ergab sich, dass zu erwarten sei, dass er das Führen von fahrerlaubnispflichtigen Fahrzeugen und seinen fahrerlausbnisrelevanten Alkoholkonsum nicht hinreichend sicher trennen könnte. Das Gutachten fiel also negativ aus. Der Antragsteller nahm den Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis schließlich am 17.01.2013 zurück.
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Unter dem 30.11.2017 stellte der Antragsteller einen erneuten Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis. Die Fahrerlaubnisbehörde forderte den Antragsteller wiederum auf, ein MPU-Gutachten vorzulegen. Sie nahm hierbei unter anderem Bezug auf das alte Gutachten vom 19.06.2012. Sie vertrat die Auffassung, dass insbesondere zu klären sei, inwieweit der Antragsteller das Führunen von Kraftfahrzeugen und seinen Alkoholkonsum hinreichend sicher trennen könne. Der Antragsteller lehnte die Vorlage eines neuen Gutachten ab. Darauf hin versagte die Fahrerlaubnisbehörde die Neurteilung einer Fahrerlaubnis.
Die fristgerecht erhobene Klage wurde vom Verwaltungsgericht Münster (VG Münster) abgelehnt. Das Gutachten aus dem Jahre 2012 sei noch verwertbar. Aus diesem ergäben sich Fahreignungszweifel, die aufzuklären seien. Zweifel gingen zu Lasten des Klägers.
Der Kläger richtete einen Antrag auf Zulassung der Berufung an den BayVGH - erfolglos!
Der BayVGH wies den Kläger auf die Bestimmung des § 2 Abs. 9 S. 4 StVG hin, die lautet:
"Die Zehnjahresfrist nach Satz 2 beginnt mit der rechts- oder bestandskräftigen Entscheidung oder mit der Rücknahme des Antrags durch den Antragsteller."
Der Kläger hatte seinen früheren Antrag auf Erteilung der Fahrerlaubnis (erst) am 17.01.2013 zurückgenommen. Diese Zehnjahresfrist ist noch nicht abgelaufen.
Warum der Kläger das ursprüngliche (negative) MPU-Gutachten vom 19.06.2012 überhaupt bei der Fahrerlaubnisbehörde vorlegte, ergibt sich aus der Entscheidung nicht.
(Quelle: VGH München, Beschluss v. 11.03.2020, 11 ZB 20.84)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Kassel)