BAG, 18.10.2023 - 5 AZR 22/23: Zur Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit bei Abrufarbeit
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich in einem Urteil vom 18.10.2023 mit der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit bei sog. Abrufarbeit zu befassen.
Abrufarbeit ist in § 12 TzBfG geregelt. Nach der Legaldefinition des § 12 Abs.1 S.1 TzBfG liegt Abrufarbeit (Arbeit auf Abruf) dann vor, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat.
§ 12 Abs.1 S.1 TzBfG lautet:
"(1) Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf)."
Das Gesetz geht dabei davon aus, dass auch bei Abrufarbeit die Arbeitsvertragsparteien eine Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit vereinbaren. Fehlt eine solche (ausdrückliche) Vereinbarung, so gilt nach der Regelung des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG eine Arbeitszeit von 20 Wochenstunden als vereinbart.
(Symbolbild)
Das BAG stellte hierzu nun in seiner Entscheidung vom 18.10.2023 fest, dass eine Abweichung von der vorbezeichneten gesetzlichen Regelung im Wege sog. ergänzender Vertragsauslegung nur dann angenommen werden kann, wenn die gesetzliche Regelung nicht sachgerecht ist und objektive Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Parteien bei Vertragsschluss übereinstimmend eine andere Dauer der Arbeitszeit festlegen wollten.
Im entschiedenen Fall war die klagende Arbeitnehmerin bei der beklagten Arbeitgeberin (Druckindustrie) als Abrufkraft beschäftigt. Eine ausdrückliche Regelung der wöchentlichen Arbeitzeit wurde indes nicht getroffen.
Die Klägerin stellte ab dem Jahr 2020 eine Verringerung ihrer Abrufzeiten fest und berechnete aufgrund ihrer Arbeitsleistung der Jahre 2017 bis 2019 einen monatlichen Abruf von durchschnittlich 103,2 Stunden.
Sie vertrat die Rechtsansicht, dass sich aufgrund ergänzender Vertrausauslegung ergäbe, dass der von ihr errechnete Durchschnittswert den Umfang der geschuldeten und zu vergütenden Dauer der Arbeitszeit auch für die Jahre 2020 und 2021 ergäbe. Da sie dort (nur) in geringerem Umfang zur Arbeit herangezogen wurde, verlangte sie für die sich ergebenden Differenzstunden Arbeitsvergütung unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugslohns.
Das Arbeitsgericht (ArbG) stützte sich auf die Regelung des § 12 Abs.1 S. 3 TzBfG und ging nur von 20 Wochenstunden aus.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) wies die Berufung der Klägerin zurück.
Auch die Revision der Klägerin zum BAG blieb erfolglos.
Zwar können die Arbeitsparteien ausdrücklich oder konkludent eine andere wöchentliche Abreitszeit wie die der gesetzlichen Fiktion des § 12 Abs. 1 S. 3 TzBfG auch während der Dauer des Arbeitsverhältnisses vereinbaren und damit von der gesetzlichen Fiktion abweichen. Das bloße Abrufverhalten des Arbeitgebers in einem bestimmten, scheinbar willkürlich gegriffenen Zeitraum reiche aber nicht aus.
(Quelle: BAG, Urteil v. 18.10.2023, 5 AZR 22/23; Pressemitteilung Nr. 43/23)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Kassel)
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