BAG, 21.08.2019 - 7 AZR 452/17: Vorbeschäftigung vor 22 Jahren irrelevant bei neuer Befristung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte sich in einem Urteil vom 21.08.2019 mit der Frage zu befassen, ob eine sachgrundlose Befristung eines Beschäftigungsverhältnisses wirksam ist, wenn die Arbeitnehmer 22 Jahre zuvor bereits schon einmal bei derselben Arbeitgeberin beschäftigt war.
HIntergrund bildete der Umstand, dass eine sachgrundlose Beschäftigung nach dem Wortlaut des Gesetzes u.a. nur zulässig ist, wenn die Arbeitnehmerin zuvor noch nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stand.
§ 14 Abs. 2 S. 1 und 2 TzBfG lautet:
"(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. [...]"
Im entschiedenen Fall war die klagende Arbeitnehmerin zunächst vom 22.10.1991 bis 30.11.1992 bei der Beklagten als Hilfsbearbeiterin für Kindergeld beschäftigt. Ab 15.10.2014 wurde die Klägerin erneut eingestellt als Telefonserviceberaterin. Das zunächst bis zum 30.06.2015 sachgrundlos befristete Arbeitsverhältnis wurde bis zum 30.06.2016 verlängert.
Die Klägerin erhob Befristungskontrollklage. Sie vertrat die Auffassung, dass das Arbeitsverhältnis über den 30.06.2015 hinaus fortbestand.
Arbeitsgericht (ArbG) und Landesarbeitsgericht (LAG) entschieden unterschiedlich.
(Symbolbild)
Das BAG gab der beklagten Arbeitgeberin recht.
Denn das Vorbeschäftigungsverbot des § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG sei in verfassungskonformer Auslegung einzuschränken, soweit das Verbot der sachgrundlosen Befristung unzumutbar ist, weil eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten.
Das BAG berief sich ausdrücklich auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, 06.06.2018, 1 BvL 7/14, 1 BvR 1375/14).
Demnach könne das Verbot sachgrundloser Befristung insbesondere dann unzumutbar sein, wenn eine Vorbeschäftigung sehr lang zurückliegt. Dies wurde im entschiedenen Fall angenommen.
(Quelle: BAG, Urteil v. 21.08.2019, 7 AZR 452/17; Pressemitteilung Nr. 29/19)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Kassel)
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