BAG, 29.09.2020 - 9 AZR 266/20 (A): Verjährung von Urlaubsansprüchen - Vorlage an den EuGH
Mit Beschluss vom 29.09.2020 wandte sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Rahmen eines sog. Vorabentscheidungsverfahrens an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zur Klärung der Frage, ob es mit Europäischen Recht vereinbar wäre, dass Urlaubsansprüche der Verjährung nach §§ 194 ff. BGB unterfallen.
Im entschiedenen Fall war die Klägerin bei dem Beklagten vom 01.11.1996 bis 31.07.2017 als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin beschäftigt. Ihr standen pro Kalenderjahr 24 Arbeitstage Erholungsurlaub zu. Es liefen erhebliche Urlaubsansprüche auf. Der Beklagte gab teilweise Erklärungen hierzu gegenüber der Klägerin ab.
Mit einer am 06.02.2018 erhobenen Klage verlangte die Klägerin die Abgeltung von 101 Urlaubstagen aus dem Jahre 2017 und den Vorjahren. Der Beklagte erhob die Einrede der Verjährung und verwies auf die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB).
Das LAG verurteilte den Beklagten zur Abgeltung von 76 Urlaubstagen.
(Symbolbild)
Aus Sicht des BAG ist die Frage entscheidungserheblich, ob die nicht erfüllten Urlaiubsansprüche aus dem Jahr 2014 und den Vorverjahren bei Erhebung der Klage in 2018 bereits verjährt waren. Ein Verfall der Urlaubsansprüche gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG kam dagegen nicht in Betracht, weil dies nach unionsrechtskonformer Auslegung grundsätzlich nur dann am Ende eines Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums möglich ist, wenn der Arbeitgeber - anders als der Beklagte im vorliegenden Fall - den Arbeitnehmer konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen und ihn darauf hingewiesen hat, dass dieser andernfalls verfallen kann.
Somit unterbreitete das BAG den EuGH im Wege der Vorabentscheidung die Frage, ob es mit Art. 7 der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG und Art. 31 Abs. 2 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union im Einklang steht, wenn der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub gemäß § 194 Abs. 1, § 195 BGB der Verjährung unterliegt.
(Quelle: BAG, Beschluss v. 29.09.2020, 9 AZR 266/20 (A); Pressemitteilung Nr. 34/20)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Kassel)
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