BAG, 31.03.2021 - 5 AZR 197/20: Zur Rückforderung überzahlten Entgelts - Tarifliche Verfallklausel
Das Bundearbeitsgericht (BAG) hatte mit Urteil vom 31.03.2021 über die Rückzahlung geleisteter Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu befinden.
Im entschiedenen Fall war die beklagte Arbeitnehmerin von Dezember 2013 bis Dezember 2017 beim klagenden Land als Fachkraft für Schulsozialarbeit angestellt. Das Arbeitsverhältnis unterfiel dem TV-L.
Die Beklagte war für verschiedene Zeiträume arbeitsunfähig erkrankt.
Die Krankenkasse teilte schließlich mit, dass sie aufgrund von "Vorerkrankungen" von einem früheren Ende der Entgeltfortzahlung ausgehe und daher anschließend Krankengeld zahlen werde.
(Symbolbild)
Die Klägerin nahm dies zum Anlass, von der Beklagten einen Anspruch auf Rückzahlung gezahlter Bezüge in Höhe von 3.538,77 € geltend zu machen.
Die Beklagte war zu einer Rückzahlung nicht bereit.
Die Klägerin machte zuletzt klageweise 3.535,01 € Rückzahlung geltend.
Im Streit stand im Wesentlichen die tarifvertragliche Ausschlussfrist des § 37 Abs. 1 TV-L. Diese lautet:
"Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit von den Beschäftigten oder vom Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht werden. Für denselben Sachverhalt reicht die einmalige Geltendmachung des Anspruchs auch für später fällige Leistungen aus."
Arbeitsgericht (ArbG) und Landesarbeitsgericht (LAG) wiesen die Klage ab.
Anders das BAG.
Ausschlaggebend war die Bestimmung des Begriffs der Fälligkeit:
"Fälligkeit im Sinne tariflicher Ausschlussfristen tritt nicht stets ohne weiteres schon mit der Entstehung des Anspruchs ein. Entstanden ist ein Anspruch, wenn alle Voraussetzungen eingetreten sind, von denen er abhängt (Erman/Schmidt-Räntsch BGB 16. Aufl. § 199 Rn. 4). Er wird fällig, wenn der Gläubiger die Leistung verlangen kann (BGH 28. Mai 2020 – III ZR 138/19 – Rn. 26, BGHZ 226, 161). Dieser Zeitpunkt kann auch erst nach dem Entstehen der Forderung liegen (BAG 28. August 2019 – 5 AZR 425/18 – Rn. 39 mwN, BAGE 167, 349). Der Begriff der Fälligkeit in Ausschlussfristen ist unter Einbeziehung des Kenntnisstands des Gläubigers und subjektiver Zurechnungsgesichtspunkte interessengerecht auszulegen. Es muss dem Gläubiger tatsächlich möglich sein, seinen Anspruch geltend zu machen (BAG 27. März 2019 – 5 AZR 71/18 – Rn. 34, BAGE 166, 222; 14. November 2018 – 5 AZR 301/17 – Rn. 27 mwN, BAGE 164, 159). Liegen die rechtsbegründenden Tatsachen für einen Zahlungsanspruch in der Sphäre des Schuldners, ist zu prüfen, ob der Gläubiger es durch schuldhaftes Zögern versäumt hat, sich Kenntnis von den Voraussetzungen zu verschaffen, die er für die Geltendmachung seines Anspruchs benötigt (BAG 19. Februar 2004 – 6 AZR 664/02 – zu I 4 b bb der Gründe)."
Dies führte im vorliegenden Fall dazu, dass die Ausschlussfrist nicht zur Anwendung kam.
(Quelle: BAG, Urteil v. 31.03.2021, 5 AZR 197/20)
(Eingestellt von Rechtsanwalt Michael Kügler, Kassel)
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